Shiatsu

Shiatsu (指 shi – Finger, 圧 atsu -Druck) ist eine achtsame japanische Behandlungsform, die in der jahrtausendealten fernöstlichen Heil- und Lebenskunde wurzelt.

Nach der Vorstellung der traditionellen chinesischen Medizin basiert alles Leben auf der Balance von Qi (jap. Ki), der universellen Lebensenergie. Durch individuelle Shiatsu-Behandlungen können unser Ki harmonisiert und unsere Selbstheilungskräfte gestärkt werden.

Traditionell wird Shiatsu in bequemer Kleidung auf einer weichen Matte auf dem Boden praktiziert. Entlang von Energieleitbahnen im Körper, den sogenannten Meridianen, wird überwiegend mit sanftem Finger- oder Handballendruck behandelt. Je nach Behandlungsart ist auch auch der Einsatz von Techniken mit Ellenbogen, Unterarmen, Knien und Füßen möglich.

Durch achtsames Lehnen mit dem ganzen Körper, verschiedene Druck-, Lagerungs-, Halte-, Klopf- und Zugtechniken sowie Temperaturreize und Rotationen, können, durch innere und äußere Einflüsse (z.B. Stress, Bewegungsmangel, Konflikte, übermäßige oder ungelebte Emotionen wie Angst, Wut, Trauer, Zweifel, Freude oder Schock) entstandene, im Körper manifestierte Blockaden gelöst, Spannungen abgebaut und die im energetischen System stagnierte Energie wieder in ihren natürlichen Fluss gebracht und gepflegt werden.

Alternativ zur klassischen Behandlungsweise auf einem Futon auf dem Boden, kann Shiatsu auf einer niedrig eingestellten Behandlungsliege durchgeführt werden.
Die Behandlung auf der Liege ist der Behandlung auf dem Boden insbesondere dann vorzuziehen, wenn Klient*innen in ihrer Bewegung eingeschränkt sind und Schwierigkeiten haben, auf den Boden zu gelangen, dort längere Zeit zu liegen oder wieder hoch zu kommen.

Shiatsu-Kurzbehandlungen, die, oft in Flughäfen, Messezentren, auf Festivals oder im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements in Unternehmen, zum Kennenlernen von Shiatsu und zur eher kurzfristigen Entspannung und Vitalisierung angeboten werden, finden zumeist auf dem Behandlungsstuhl statt.

Shiatsu ist Gesundheitsförderung

Shiatsu ist weit mehr als eine Form der Entspannungsmassage und Maßnahme zur Stressbewältigung im Alltag. Hervorgegangen aus der traditionellen chinesischen Akupressurmassage Tuina, die als Behandlungsmethode der Chinesischen Medizin im 6. Jahrhundert nach Japan gelangte, zählt Shiatsu zu den fernöstlichen Massagetechniken, obwohl es keine klassische Massage ist.

Der Ansatz und die Zielsetzung von Shiatsu, wie es sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts über Tokujiro Namikoshi in Japan und ab den 1970er Jahren über die Lehren von Dr. Shitsuto Masunaga und seinen Schüler Dr. Wataru Ohasi, als besondere Form der energetischen Körpertherapie in Kombination mit manuellen Techniken, in unserer westlichen Welt entwickelt und etabliert hat, sind nicht Prävention und Heilung, in dem Verständnis wie wir es von unserer Schulmedizin kennen, also das Bemühen um die Vorbeugung, Verhinderung oder Bekämpfung von möglicherweise oder wahrscheinlich entstehenden bzw. bereits feststellbaren Krankheiten. Sie entspringen einem völlig anderen, komplexen philosophischen Verständnis von „Heilung“, das Körper, Geist und Seele ins Gleichgewicht bringt. Mit der Ausrichtung auf die Entwicklung, Stärkung, Steigerung und Bewahrung von Gesundheit durch stetige Förderung und Pflege von gesunden und gesund erhaltenden Faktoren.

Shiatsu wirkt ganzheitlich

Das Verständnis für das Zusammenspiel von körperlichen, geistig-seelischen, psycho-sozialen sowie ökologischen Faktoren und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit, das durch die Erkenntnisse der Psychologie gestützt und zunehmend auch durch die wissenschaftliche Forschung bestätigt wird, nimmt in unserer westlich geprägten Gesellschaft einen im Allgemeinen immer noch viel zu geringen Stellenwert ein.

Hier setzt Shiatsu an!

Als ganzheitlicher Ansatz, der auf die Jahrtausende alte ostasiatische Heilkunst und Kultur der Lebenspflege zurückblickt, kann Shiatsu einen großen Beitrag leisten für die Entwicklung eines individuellen Gesundheitsbewusstseins und -verhaltens sowie für die Weiterentwicklung des allgemeinen Gesundheitsverständnisses in unserer Gesellschaft.

Shiatsu ist Vielfalt

In seiner Eigenschaft als lebendiger Teil der traditionellen fernöstlichen Volksmedizin gehört Shiatsu zu den vermutlich ältesten Heilverfahren unserer Welt. Erst in jüngster Zeit jedoch wurde es als, sich von der einfachen Entspannungsmassagen abgrenzenden, eigenständige Therapieform definiert und machte sich, auch über die Grenzen Japans hinaus, in der westlichen Welt einen Namen.
Von „authentischem Shiatsu“ kann dabei kaum mehr die Rede sein.
Vielseitige Erkenntnisse und Entwicklungen führten, im Laufe seiner relativ kurzen Migrationsgeschichte, dazu, dass Shiatsu heute eine große Bandbreite diverser Behandlungsarten und Vorgehensweisen umfasst.

Je nach Schule, Hintergrund und Kombinationen mit anderen philosophischen, therapeutischen und wissenschaftlichen Ansätzen, gibt es verschiedene Varianten von Shiatsu.

Grundsätzlich unterscheiden sich die westliche und östliche Linie des Shiatsu durch die Arbeit mit verschiedenen Meridian-Systemen. Einige Shiatsu-Varianten arbeiten hauptsächlich mit dem Konzept der Meridiane, andere über die gezielte Stimulation der wichtigsten Akupunkturpunkte und wieder andere nach einem freien überwiegend intuitiven Verfahren mit oder ohne Einbeziehung der Theorie der Fünf Wandlungsphasen. Auch gibt es Shiatsu-Schulen, die mehr oder weniger diagnostisch bzw. ganz oder teilweise ohne Körperkontakt, im reinen energetischen Bereich, arbeiten. Bei manchen überwiegt der physiotherapeutische Aspekt, es wird vermehrt mit kräftigem Druck und einer besonderen manuellen Dynamik über das muskuläre System oder mit sanfterem Druck und Dehnungen im Bereich des Fasziensystems gearbeitet. Wieder andere Herangehensweisen arbeiten mit dem Fokus auf die sensomotorische Ebene, über achtsame Berührungsreize und Tiefendruck und/oder mit der Tiefenentspannung über das autonome Nervensystem und seine Wirkung auf die Funktion der inneren Organe. Zu den verschiedenen Varianten und Kombinationen kommend die Anforderungen durch die Situation der Klient*innen sowie die persönlichen Stile und Besonderheiten der einzelnen Praktiker*innen.
Unter dem Namen Shiatsu verbirgt sich bei uns im Westen nicht selten auch eine eher einfache „Shiatsu Wellness Massage“, bei der, in der Regel unbekleidet auf einer Behandlungsliege, liegend, Teilbereiche von Meridianen nach einem bestimmten standardisierten Ablauf mit Aromaölen eingerieben und mit sanftem Druck massiert werden.

Shiatsu ist also nicht gleich Shiatsu!

Die Vielfalt an Angeboten und Behandlungsweisen hat den Vorteil, dass jeder Mensch in seiner Einzigartigkeit eine für ihn und seine jeweilige Lebenslage in besonderer Weise passende Shiatsu-Praktiker*in und Behandlung finden kann.
Als nachteilhaft kann sich auswirken, dass der Laie die elementaren Grundlagen nicht kennt und die Qualität der verschiedenen Varianten und deren fachliche Fundierung nicht einschätzen kann.
Ein gewisses Maß an Orientierung und Qualitätssicherung im weiten Feld der Shiatsu-Angebote, bieten inzwischen etliche nationale und internationale Netzwerke und Berufsverbände für Shiatsu, die sich u.a. die geregelte Ausbildung, Anerkennung und Bekanntmachung von Shiatsu auf die Fahnen geschrieben haben.